Wo Verbrenner ­Emotionen wecken

Garagistenzmorge bei Vogels Offroad

Wo Verbrenner ­Emotionen wecken

5. September 2023 agvs-upsa.ch – Leistungsstarke US-Modelle, gigantische Pick-ups – und das in einem stilvollen Ambiente: Vogels Offroad ist eine kleine, feine amerikanische Enklave im Kanton Bern und zudem auch viel mehr als ein reiner Importeur von US-Autos. Ein Augenschein bei dem AGVS-Mitglied. Jürg A. Stettler

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Der Betrieb des AGVS-Mitglieds André Vogel ist die Adresse für ­Schweizer Fans von Muscle-Cars, SUV und mächtigen Pick-ups aus den USA. Fotos: AGVS-Medien


Fährt man in Kirchberg BE von der Autobahn ab und dann in Richtung Emmental, ist der riesige Glasfassadenbau mit dem markanten roten Dach, der an eine überdimensionale Scheune in Nordamerika erinnert, nicht zu übersehen. Es ist seit Oktober 2022 die Heimat von Vogels Offroads. Der Chef, André Vogel, verrät: «Wir haben im 2019 mit dem Neubau II gestartet, konnten noch alle Aufträge vergeben und auch noch zu schlauen Preisen bauen.» Er ergänzt: «Gegen das Ende mussten wir Material schon teurer einkaufen, aber es waren nicht mehr die grossen Posten. Ich kam so im grossen Ganzen sehr elegant durch Corona – ob mit dem Bau oder auch dem Geschäft.»

Der Betrieb von Vogel, der selbst 1992 nach einer Lehre als Automechaniker ursprünglich auf dem elterlichen Bauernbetrieb in Escholzmatt LU mit dem Handel von Töffs begann, gehört heute zu den besten Schweizer Adressen, wenn man Muscle-Cars, SUV und Pick-ups aus den USA sucht. Die grösste Herausforderung ist aktuell deren CO2-Ausstoss und die dafür fälligen Abgaben. Vogels Fahrzeuge sind nicht sehr CO2-arm, aber wecken Emotionen. «Als Ausgleich haben wir extra einen Elektroauto-Verkauf bei uns im ersten Stock im Haus. Aber natürlich stellen auch die ständigen Anpassungen der Gesetze für die Importfahrzeuge eine Herausforderung dar», sagt der Chef des AGVS-Mitgliedsbetriebs. «Die ganzen Nachweise für Insassenschutz, Lärm und Abgase, aber auch weitere Prüfungen, bis wir einen Wagen auf die Strasse bringen können, kosten Zeit und Geld. Wir arbeiten hier mit einem Partner, damit wir die Prüfungen absolvieren und die Papiere erhalten.»

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Vogels Fahrzeuge sind nicht sehr CO2-arm, aber wecken Emotionen.

Der Dollarkurs bestimmt die Marge
Eine Langzeitplanung sei trotzdem kaum möglich, da immer wieder neue Gesetze erlassen würden. Vor rund fünf Jahren habe er von einem Tag auf den anderen erfahren, dass die US-Cars auf dem Papier die EU-Crashnormen nicht mehr erfüllen. «Damals konnten wir während zwei, drei Monaten kein einziges Auto mehr vorführen», erinnert sich Vogel. Derlei verlangt bei der betriebswirtschaftlichen Planung viel Flexibilität. «Oft fahren wir in der Schweiz noch ein ‹Sonderzügli›», ergänzt er. «Beispielsweise sind wir und Schweden die einzigen Länder, die noch eine Abgasmessung bei minus sieben Grad verlangen. Was schlicht noch zusätzlich Kosten generiert, aber den CO2-Austoss nicht beeinflusst.»

Und wie stark ist die Abhängigkeit vom Dollarkurs? «Sehr stark. Das Auto generiert am Ende schon seinen Preis, aber für meine Marge ist entscheidend, ob ich das Auto zu einem guten oder einem schlechten Preis bezahlen muss. Ich kann Fahrzeuge zu einem guten Kurszeitpunkt bestellen, aber bezahlen muss ich sie, wenn sie in Bremerhaven oder in Antwerpen eintreffen. Bis dahin kann sich der Dollarkurs verändern.» André Vogel gibt unumwunden zu: «Ich lebe vom und für den Handel. Um die Werkstatt kümmert sich der Werkstattchef mit seinen zwölf Leuten. Auch den Verkauf und die Personalführung habe ich inzwischen abgegeben, das lässt mir Zeit für den Handel. Dabei hilft mir sicherlich das Netzwerk, das ich mir über all die Jahre in diesem Bereich aufbauen konnte.»

unbenannt-1.jpgAuch in der Werkstatt hat der US-Spezialist eine spannende Nische für sich gefunden.

Erhöhte Anhängelast als ­Zusatzgeschäft
Ein weiterer Geschäftsbereich des cleveren Unternehmers, der immer wieder neue Geschäftsfelder erschliesst, ist der Ersatzteilhandel. «Wir haben ein grosses Ersatzteillager und viele Garagisten, die deshalb zu uns kommen und bei uns für ein US-Modell Ersatzteile kaufen», erläutert Vogel. Und wie sieht es bezüglich Tuningteilen aus? «Tuning ist tot», erwidert der US-Experte nur kurz und knapp. «Nur Felgen und Fahrwerke, alles andere ist vorbei. Auch Radios und Multimedia einzubauen ist vergebene Liebesmüh, da die bereits verbauten Teile meist besser sind als jedes Nachrüstteil.»

Viele Autohändler haben aktuell Mühe betreffend Lieferfristen. Wie sieht es bei US-Cars aus? «Eigentlich sehr gut, wir haben nun wieder einen direkten Kontakt zu einem Werk von Dodge – das hilft. Aber wir kaufen überall ein, von den USA über Kanada bis Mexiko, das hilft uns bei der Verfügbarkeit», erläutert Vogel, während er an feinsäuberlich aufgereihten Chevrolet Corvettes, Dodge Challenger Hellcats oder Ford Mustang Shelby GTs vorbeiläuft. «Momentan erhalten wir wieder sehr viele Fahrzeuge direkt aus dem Werk», ergänzt der 51-Jährige. Somit seien auch spezifische Kundenwünsche einfacher zu realisieren, was aber sehr selten sei. «Wir kaufen die Fahrzeuge eh vollgepackt. Was zum Alltag gehört, sind Spezialwünsche beim Fahrwerk oder auch Felgen. Zudem nehmen wir beispielsweise den Dodge Ram und erhöhen die Anhängelast auf 10,5 Tonnen. Das ist eine Spezialität von uns und macht uns noch aussergewöhnlicher», meint Vogel mit verschmitztem Lächeln. Dadurch habe er sehr viele Gewerbetreibende als Kunden gewonnen.

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Das Red-Monkey-Gebäude in Lyssach BE ist seit Oktober 2022 die Heimat von Vogels Offroads.

Hier ist wenig «normal», aber alles stimmig
Stimmt schon: Bei diesem AGVS-Mitglied ist vielleicht wenig «normal» oder mindestens etwas grösser, aber doch alles äusserst stimmig auf 20000 Quadratmetern. Fährt man in die Tiefgarage, parkiert man vor grossen Landschaftsfotos, die zwar an die Appalachen oder Ausläufer der Rocky Mountains erinnern – aber das wunderschöne Emmental zeigen. Und trotzdem Sehnsüchte und ­Fernweh auslösen. Nicht etwa Stahlträger, sondern mächtige dunkle Holzstämme sorgen selbst hier unten für US-Flair. Vor dem Eingang zum Red-Monkey-Gebäude wacht ein riesiger Bulle; im Showroom wähnt man sich als Fan von Muscle-Cars oder mächtigen Pick-ups im Schlaraffenland.

Eine PS-Orgie quasi für Menschen, die Verbrenner eben lieben, alles im passenden Ambiente mit lebensgrossen Statuen von Grizzlies, die mit dem US-Wappentier Weisskopfseeadler um einen Lachs streiten, nietenbesetzten Ledersesseln und grosszügigem Beratungstresen. Eine Ecke für US-Oldies ist genauso da wie ein begehbarer Humidor mit Zigarren aus Nicaragua. «Es gibt kaum etwas Schöneres, um sich zu entspannen, als mit Kollegen am Abend eine Zigarre zu geniessen», erläutert André Vogel und blickt auf seine stilvolle US-Enklave hier in Lyssach. Dann ergänzt der vierfache Vater: «Jodeln ist für mich ein weiterer Ausgleich. Es zeichnet sich auch durch Geselligkeit aus. Das hilft mir, um im Alltag mal abschalten zu können.» Kein Wunder, gehört der Unternehmer seit 1998 dem Jodlerklub Lyssach an und organisiert sogar regelmässig Jodelwanderungen.

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Zur Entspannung gönnt sich der Besitzer und AGVS-Mitglied André Vogel gerne eine Zigarre, weshalb ein begehbarer Humidor nicht fehlen darf. Fotos: AGVS-Medien

AGVS-Mitgliedschaft für mehr ­Nachwuchs
«Ganz oben werden wir noch den Red Monkey Fun Park – etwas für Jung und Alt – und vielleicht eine Bar installieren. Das sorgt wiederum für Showroom-Traffic und soll uns schlussendlich dabei helfen, Fahrzeuge zu verkaufen», erläutert Vogel ein weiteres Detail seines Erlebniswelt-Konzepts, das von Muscle-Cars über Pick-ups und SUV bis hin zu E-Autos die ganze Palette bietet. «Ich selbst kann nicht auf zwei Hochzeiten tanzen, daher bin ich sehr froh, dass ich einen Profibetrieb für E-Autos im Haus habe», ergänzt er und sagt lachend: «Elektro ist gar nicht meine Welt!» Der Antrieb sei durchaus interessant, «aber wie man dies politisch stützt und fördert, finde ich verwerflich. Die meisten E-Autonutzer wissen nicht, woher der Strom stammt, und wollen nur grün sein», so Vogel.

Wieso ist er als Direktimporteur eigentlich beim AGVS? «Beim AGVS schätze ich den Kundendienst, auf den man bei Fragen immer zugehen kann. Und bezüglich Lehrlingsausbildung ist die AGVS-Mitgliedschaft natürlich ebenfalls sehr sinnvoll», erläutert Vogel, der in seinem Betrieb gleich vier Auszubildende und gesamt 28 Mitarbeitende beschäftigt. Der Berner ergänzt: «Bei einem Betrieb in meiner Grösse ist für mich Lehrlingsausbildung ein Muss. Wir dürfen nicht über Fachkräftemangel jammern, wenn wir nicht selbst etwas dazu beitragen, dass es Fachkräfte für diese Branche gibt.»

Ein Lehrling sei für den Betrieb wirtschaftlich nicht rentabel, aber für die Zukunft eine lohnende Investition. «Das Problem unserer Branche ist, dass unsere guten und flexiblen Mechatroniker in der Arbeitswelt so beliebt sind, dass sie auch in anderen mechanischen Berufen schnell Fuss fassen können», sinniert Vogel. Er selbst habe dank Topausstattung in der Werkstatt und Fahrzeugen, die Emotionen wecken, noch nie Mühe gehabt, Lehrlinge zu finden. Wie bei neuen Geschäftsideen hätte er wohl auch hier sonst eine Lösung auf Lager und meint zum Abschluss nur vielsagend: «An diesem Standort sind wir nun an Grenzen gestossen und haben keine Ausbaumöglichkeiten mehr. Wobei: Meine Ausbau- und Erweiterungsideen müssen ja nicht zwingend mit Autos zu tun haben.»
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